Texte aus dem Deutschunterricht

Lügengeschichten
Warum ich heute meine Hausübung vergessen habe
Ich muss euch heute eine Geschichte erzählen. Sie handelt von meinem Computer und mir. Gerade als ich voller Motivation meine supergeniale Deutsch-Hausübung machen wollte und den Computer einschaltete, da plötzlich passierte es:  Der Bildschirm meines Computers wurde tintenschwarz. Wenn ihr jetzt denkt,  mein Computer wäre abgestürzt, seid ihr im Irrglauben. Nach einigen Sekunden merkte ich erst, was sich genau auf dem Bildschirm abspielte. Es war ein breites Grinsen zu sehen, genauso wie das des Grinsekaters im Film „Alice im Wunderland“. Das Etwas, das ich nicht genau beschreiben konnte, zeigte mir die Zunge. Ich war geschockt, dass mein Computer überhaupt zu so etwas fähig war. Plötzlich wuchsen ihm Beine und Arme aus der Tastatur. So schnell konnte ich gar nicht schauen, machte er sich aus dem Staub, winkte mir zu und rief: “Du kriegst mich nie!!!!“ Ich rannte so schnell ich konnte, aber er wurde immer schneller. Durch den ganzen Wald lief ich, über den Mount Everest bis hin zu den Amerikanern. Wie ihr euch denken könnt, war ich natürlich außer Puste, aber dennoch gab ich nicht auf. Ich musste unbedingt diese Deutsch-Hausübung machen. Ich schrie und schrie, bis ich merkte, dass meinem Computer Flügel gewachsen waren und er davonflog. Am nächsten Morgen wollte ich es meiner Lehrerin erklären, doch die sagte nur: “Geh zum Psychiater und erzähle dem deine Märchengeschichten!“  
Isabel Didio, 2D

Warum ich die Hausübung heute nicht habe
„Frau Professor, lassen Sie mich (unter diesen Umständen) erzählen, warum ich die Hausübung heute nicht habe. Heute in der Früh stapfte ich noch halb verschlafen zum Schulbus. Ich ging an den Häusern der Nachbarschaft vorbei, und als ich an einem kleinen gelben Haus vorbeikam, hörte ich ein lautes Bellen. „Oh, nein!“, stieß ich aus. Es war der große Schäferhund Bello. „Normalerweise ist der noch nie so früh draußen“, dachte ich mir. Sie müssen wissen, mir wäre fast das Herz in die Hose gerutscht. Doch so mutig wie ich war, riss ich mich zusammen und schlich auf Zehenspitzen an dem Garten des Hauses vorbei. Doch leider stieg ich auf einen kleinen Ast, der auf dem Gehsteig lag. „Knacks!“, machte es und es war für eine Sekunde still. Ich hörte ein leises Schnüffeln und wusste sofort, dass der Hund meine Fährte aufgenommen hatte. Jetzt bellte er noch lauter und er biss sich mit seinen messerscharfen Zähnen ein Loch in den Zaun. Vor mir stand nun kein kleiner Hund mit Kulleraugen, sondern ein großer und wütender Schäferhund. Er knurrte laut und furchteinflößend. Ich nahm alles nur auf die leichte Schulter und forderte ihn zum Kampf heraus. Doch ich glaube, was ihn interessierte, war mein frisch gemachtes Käse- und Wurst-Sandwich, denn sogar ich roch es. Ich meine nicht, dass ich eine schlechte Nase habe, aber Hunde haben einfach einen besseren Geruchsinn. Er sprang, mit seinen Krallen voran, auf mich zu. Ich hatte Angst um mein schönes Gesicht. Also wich ich aus und der Hund fiel mit einem lauten Krach zu Boden. Er rappelte sich mühevoll auf und sprang abermals. Meine Ausweichtechnik war einfach zu gut für den  Köter, und so biss er direkt in meinen Schulrucksack. So schnell ich konnte, schüttelte ich Bello mit kräftigen Rüttelbewegungen zu Boden. Er hatte es: mein Sandwich und einen Zettel. Ich hatte den Kampf trotz Sieg verloren. Ich bemerkte erst, dass der Zettel meine Hausübung war, als der Köter ihn ausspuckte und das Sandwich fraß. Meine leckere Jause war angesabbe
rt und schon halb gefressen und die Hausübung war nun schon so verdreckt, und sie roch so stark nach Mundgeruch, dass ich Ihnen die Hausübung nicht vorweisen kann. Es waren reine Sicherheitsmaßnahmen, denn ich glaube, die Hälfte der Klasse wäre in Ohnmacht gefallen oder an Atemproblemen erstickt. Also beschloss ich Ihnen die Geschichte, so wie alles geschehen ist, zu erzählen.“  
Arianne Androsch, 2D

Der verrückte Dschungelausflug
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Heute erzähle ich euch meine wahre Geschichte, die ich bei einer Safari-Tour in Afrika erlebte.
Ich  und meine Freunde fuhren mit anderen Familien in einem alten Safariauto  durch den gefährlichen Dschungel Afrikas. Schon seit drei Wochen waren  wir unterwegs, ab und zu stiegen wir aus, aßen Dschungelblätter oder  erforschten die Gegend. Als ich mit meinen Freundinnen Anna und Lena  gerade am Dschungelblätterpflücken war, hörten wir seltsame Laute. Wir  folgten den Geräuschen. Auf leisen Pfoten pirschten wir uns wie Tiger  an, als plötzlich ein Koala auf meine Schulter sprang. Er trug einen  Bastrock mit Blumen und hatte eine riesige Brille auf. Lena, Anna und  ich blieben wie angewurzelt stehen, als ein zweiter Koala auftauchte.  Sie klatschten zweimal in die Hände und ihr werdet mir nicht glauben,  was dann geschah. Überall sprangen Kängurus, Affen, Zebras, Tiger,  Elefanten und Giraffen hinter den Büschen und Sträuchern hervor. Auch  sie waren mit Röcken, Blumen, Kränzen und Brillen geschmückt. Auf einmal  fing ein Affe laut zu singen an, die Elefanten stampften im Takt, die  Giraffen tanzten und die Zebras schalteten die Discokugel ein. Uns blieb  der Mund offen stehen, denn so etwas hatten wir noch nie gesehen. Doch  irgendwie hatten wir auch Lust, mit den Tieren zu tanzen. Ich zog mein  Telefon hervor und drehte eine tolle Rockmusik auf. Sofort fingen alle  zu tanzen an. Lena, Anna und ich zeigten unsere neuesten Tänze vor, die  Affen ihre neuesten Tanzentlausungstricks und die Giraffen den  Langhalszumba. Wir hatte eine Menge Spaß, doch nun war es an der Zeit  wieder zurück zu gehen. Natürlich wollten wir nicht als Spaßverderber  dastehen. Wir schlichen zum Safariauto, holten die Essvorräte und  Schmuckstücke. Wir verteilten die Sachen gerecht und alle waren  zufrieden. Wir verabschiedeten uns und wanderten wieder zurück zum  Safariauto, wo sich alle beschwerten, ihre Schmuckstücke nicht zu  finden.
So  setzten wir uns ins Auto und sagten: „Das waren sicher nur die  Dschungelräuber!“Alle waren entsetzt, doch Lena, Anna und ich waren  stolz, so lustige Dschungeltiere kennengelernt zu haben. Das war die  wahre Geschichte der Safaritour von Lena, Anna und mir und ich hoffe,  liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, sie hat euch gefallen und euch  unterhalten.
Nina Muhr, 2D

Die Geburtstagskarte
Heute will ich euch erzählen, warum ich gestern nicht zu meinem vereinbarten Treffen gekommen bin. Alles begann so: Ich hatte mich mit meiner Freundin Nina verabredet, weil sie ihren 12. Geburtstag feierte. Natürlich wollte ich ihr ein schönes Geschenk und eine supertolle Karte schenken und so ging ich in ein Geschäft mit vielen verschiedenen Karten.
Ich suchte mir eine gelbe mit roten Herzen aus und bezahlte an der Kassa. Als ich hinausgegangen war, bemerkte ich ein leises Niesen. Es kam aus meiner Tasche. Ich griff hinein, holte die Karte heraus und blickte in ein kleines Ärger versprechendes Gesicht. „Hey, du großes Wesen, lass deine schmutzigen Finger von mir! Außerdem ist es hier ziemlich staubig!“, schimpfte die Karte. So erschreckt ich auch war – das war ich natürlich fast nie – ließ ich die Karte fallen und betrachtete sie neugierig. „Glaubst du, dass du mich einfach so herschenken kannst! Dann hast du aber nicht mit mir gerechnet!“, lachte die Karte in einem gemeinen Ton. Ihr fragt euch jetzt sicher, wie ich diese tollwütige Karte dazu brachte, dass ich sie herschenken konnte. Durch meinen genialen Plan! Ohne dass ich auch nur „Karte“ sagen konnte, sprang das gemeine Stück in ein Auto, das auf dem Parkplatz stand. Der Besitzer schrie und so versprach ich ihm, dass er sein Auto heil wiederbekommt. Schnell schnappte ich mir meinen Scooter und sauste der Auto fahrenden Karte hinterher. Ich sag’s euch, ein Rowdi, ein verrückter Autofahrer war die! Nach kurzem Überlegen gab ich Vollgas und holte die Karte fast ein, Leider war ich zu langsam. Trotzdem folgte ich ihr bis auf den Mount Blanc, über die Kalkalpen, durch London, über den Suez-Kanal bis hierher zurück. Ich zog ein Samuraischwert aus meiner Hosentasche und zielte auf den Autoreifen. Er zerplatzte und das Auto blieb stehen. In affenartiger Geschwindigkeit schnappte ich mir die Karte und flößte ihr meine K.O. Tropfen, die ich in meiner Tasche aufbewahrte, ein. Sofort wurde die Karte ohnmächtig und blieb still. Danach steckte ich sie zurück in die Tasche, reparierte den Reifen und brachte das Auto zurück zu seinem Besitzer. Dieser gab mir hundert Euro als Dankeschön. 
Leider konnte ich jetzt nicht mehr zum vereinbarten Treffen kommen, denn es war schon fast Mitternacht, ich war müde und wollte einfach nur ins Bett. Meine K.O. Tropfen hielten anscheinend ewig, denn am nächsten Morgen fuhr ich mit einem tollen Geschenk, der schlafenden Karte und mit einem Kuchen zu Nina. Diese freute sich riesig über die Karte und das Geschenk. Tja, jetzt seht ihr, wie ideenreich und was für eine gute Freundin ich bin!
Iris Kaar, 2D

Spannendes Erzählen (Anfang war vorgegeben)
Tante Louisa
… Ich wurde schon immer dazu gezwungen, zu meiner Tante, von allen „Louisa“ genannt, nett zu sein, sie anzulächeln und, als ich noch kleiner war, sie mitspielen zu lassen. So habe ich ihr all die Zuneigung nur vorgeschwindelt, denn in Wirklichkeit finde ich sie unausstehlich. Auch jetzt – ich bin inzwischen vierzehn (!) – kann sie nicht mit mir umgehen, denn sie behandelt mich, als wäre ich fünf.
Im Kreise der Familie war das noch auszuhalten, aber in der Öffentlichkeit würde ich mich nicht mit ihr blicken lassen. Man müsste sich wahrlich genieren. Doch der Höhepunkt kommt noch:
 „Und du versprichst Tante Louisa, egal wie viel sie jammert, nicht zu sagen, wo ich bin?“, fragte ich meine Mutter zum dritten Mal. „Ja, habe ich schon oft genug gesagt, aber falls sie doch dort erscheint, bin ich nicht schuld!“, antwortete meine Mutter gereizt. Mit einem „Klar, bis nachher“, verabschiedete ich mich und schlüpfte zur Tür hinaus.
Als ich an meinem Ziel, dem Freibad, ankam, warteten Toni und Georg schon.
„Na, endlich“, murmelte Toni, der wie immer der Pünktlichste von uns war. Georg, das erkannte man an seinem Schnaufen, war nur wenig früher gekommen als ich.
 Nachdem wir etwas im Wasser geschwommen waren, schlug Toni vor, wir könnten vom 10-Meter-Turm springen. Weil ich nicht als Angsthase dastehen wollte, sagte ich ja. Gesprungen war ich aber noch nie zuvor.
Oben angelangt, sprang als Erster Toni, dann Georg, dann war ich an der Reihe. Tief ging es hinunter, ziemlich tief. „Egal“, dachte ich „keiner schaut gerade her, ich schaffe das. Eins, zwei, …“ Plötzlich hörte ich meinen Namen. Und noch einmal: „Paul! Hier bin ich!“ 
Ich schaute hinunter, und dort stand meine Tante Louisa. „Du schaffst das, mein Großer! Spring!“, schrie sie.
Plötzlich wurde es leise. Jeder starrte mich an. Ich ging wieder in Sprungstellung. Immer noch starrten tausend Augen auf mich. Ich merkte, wie ich rot wurde. Mir wurde immer heißer.„Spring schon“, sagte jemand hinter mir. Ich wollte abspringen, aber es ging nicht. Meine Knie zitterten. Ich versuchte, mich wieder einzukriegen. „Alles okay“, aber ich glaubte es mir selbst nicht. Noch immer war nichts zu hören, alle starrten mich an.
Plötzlich schrie Georg: „Dort, was ist das denn?“ Alle Blicke richteten sich auf die gezeigte Stelle und alle begannen zu reden. „Was meint der Junge?“, „Wo ist das?“ und vieles mehr. In dem Augenblick sprang ich. 
 Keiner hatte meinen Sprung gesehen. Ich lief zu Georg. „Danke“, sagte ich ernst. „Ist schon okay“, gab er zurück. Ich lächelte. Er auch. Dann flüsterte er mir zu: „Ich habe auch genug Tanten…“
Christiane Bräuer, 3D

Der 10-Meter-Turm
„Wetten, du traust di ned vom 10-Meter-Turm springen, du Weichei!“, rief mir Sam, der angeberische Acht-Klässler, zu. Ich sah ihn an. Er und seine Jungs kamen lässig auf mich zugeschlendert, die Hände in den weiten Badehosentaschen. „Na, du Kleiner, hast mich gehört? Willst cool sein oder a Streba?“, spottete Sam. Vor zwei Tagen hatte ich mir fest vorgenommen, nicht mehr zu zittern, wenn Sam vor mir stand. Aber jetzt, als ich ihn sah, hatte ich fürchterliche Angst, er könnte mir den Kopf abreißen. Jeder Streber wie ich hat Angst vor dem riesigen, muskulösen Sam, seiner spitzen Nase, dem kurz geschorenen, braunen Haar und den unheimlichen Augen, wobei sein linkes Auge blau und sein rechtes braun war. Ich spürte ein zaghaftes Stupsen hinter mir. Mein bester Freund Leo versteckte sich hinter meinen Schultern und schaute mich fragend an. Unmerklich nickte ich, drehte mich um und ging todesmutig zum 10-Meter-Turm. Sams Jungs lachten und riefen mir zu: „Mach dir nicht in die Hose, Baby, wenn du wieder runter gehst. Vielleicht rutscht du ja auf ner Stufe aus!“ Ich ignorierte sie. Eigentlich darf ich nicht vom 10-Meter-Turm springen, das haben mir meine Eltern verboten. „Aber die werden es niemals erfahren“, beruhigte ich mich. Ich ging Stufe für Stufe hinauf. 3 Meter, 5 Meter, 7 Meter, und dann 10 Meter. Okay, jetzt machte ich mir wirklich fast in die Hose. Ich hatte schreckliche Höhenangst. Ich schaute hinunter. Dort, auf der linken Seite, standen Sam und Leo. Ich bemerkte, wie Leo zu schwitzen begann und mit mir mitzitterte. Sam sah mich mit einem höhnischen Grinsen an, als sagte er: „Wennst ned springst, bist a totaler Looser und alle aus der Schule werden es erfahren! Wennst springst, brichst da alle Knochen. Also kau i nur gewinnen!“ „Na los, wird’s bald? Oder traut sich das Weichei doch nicht?“, fragte mich irgendein Junge aus Sams Gang. Ich nahm all meinen Mut zusammen, stellte mich hin und wollte springen. Da sah ich aus dem Augenwinkel eine Frau, die mir wild mit 
den Händen zufuchtelte. Ich kannte diese Frau irgendwoher. „Oh nein, nicht meine strenge Tante. Die wird alles meinen Eltern petzen!“, dachte ich niedergeschlagen. Ich drehte mich um und ging zu den Stufen. Da hörte ich meine Tante, die rief: „Eduard?! Komm sofort da runter!“ Aber ich hörte auch, wie Sam rief: „Schaut mal, das Weichei traut sie ned!“ Und alle Jungs buhten und lachten mich aus. Eine Weile stand ich auf der ersten Stufe und überlegte. Da tat ich etwas, das ich niemals hätte träumen können. Ich drehte mich um, nahm Anlauf und sprang in die Tiefe hinein. Ich hörte die Stimme meiner Tante, die völlig ausrastete, und die entsetzten Seufzer. Ich sah die erstaunen Augen der Jungs vor mir. Das machte mir Mut. Aber dann blickte ich in die falsche Richtung, hinunter in das schwarze, tiefe Wasser, dessen harte Oberfläche mich zersplittern würde. Mit einem Schlag kam die Angst zurück. Verzweifelt strampelte ich mit Händen und Füßen, doch ich fand keinen Halt. „Oh Gott, oh Gott, bitte hilf mir. Was hab ich nur getan?“, dachte ich panisch. Ich hörte das Wasser, es kam näher, schoss auf mich zu. „Mit eiserner Härte wird es mich umschließen und meine Knochen brechen, sodass ich im Rollstuhl sitze“, dröhnte es in meinem Kopf. Und dann, dann war es soweit. Ich fiel in das schreckliche Wasser. Es gab einen lauten Platscher. „Ich lebe! Und mir tut nichts weh! Warum?!“ Aber an das dachte ich nicht mehr. Ich hatte es geschafft. Schnell tauchte ich wieder an die Oberfläche. Leo half mir aus dem Becken, er war richtig stolz auf mich. Die Jungs sagten nichts mehr. Sam warf mir nur erstaunte und respektvolle Blicke zu und dann verschwanden sie. Meine Tante versprach mir nach gutem Zureden, nichts meinen Eltern zu verraten, und so ging doch noch alles gut aus. 
Simone Kasis, 3D

ALLE Wörter aus einer Rechtschreibübung waren in eine Geschichte einzubauen: 
Der Brief
Langsam öffnete ich die alte verrostete Tür und schritt hinaus in die dunkle Nacht. Ich hatte mir meinen schwarzen Mantel umgelegt und stapfte nun unaufhaltsam durch den kalten Schnee. 
Ich ging vorbei an der Scheune, die unsere Kälber den langen Winter über warm halten sollte, und kletterte über einen Zaun mit morschen Brettern, der den Hof umgab. Auf der anderen Seite landete ich im Matsch. Ich machte mir nicht viel daraus. Meine Jeans war sowieso schon dreckig und die unteren Ränder waren ausgefranst. Schnurstracks sprintete ich los. Meine langen blonden Haare hingen mir wirr ins Gesicht. Ich bahnte mir einen Weg durch die üppig wachsenden Gewächse. Während ich mühsam versuchte, nicht über die verzweigten Wurzeln zu fallen, wanderte meine Hand immer wieder in meine Manteltasche.
Ich musste aufpassen, den Brief nicht zu verlieren. Es war meine Aufgabe, ihn abzuschicken und dafür zu sorgen, dass er sicher bei seinem rechtmäßigen Empfänger ankam. Ich nahm ihn heraus und betrachte ihn. Er sah noch immer genauso aus wie vor Tagen, als ich ihn geschrieben hatte.
Unter der Briefmarke, hatte ich die wichtigsten Sätze der ganzen Insel mit Feder aufgeschrieben. Diese Sätze würden die Wahrheit ans Licht bringen und alles würde anders werden. Wie die Völker wohl reagieren würden, wenn sie es erfuhren? Würden sie den Worten Glauben schenken oder sie missachten und sich weiter feindselig gegenübertreten? 
Eigentlich brauchte ich gar nicht mehr darüber nachzudenken, denn immer wenn ich daran dachte, drängte sich eine Vorahnung in meinen Kopf, dass ich das schlussendliche Handeln der Völker nicht mehr erleben würde. Man würde herausfinden, wer den Brief geschrieben hatte, und mich umbringen, da die beiden Völker eine schon eine fixe Vorstellung davon hatten, was sich damals in der Vergangenheit ereignet hatte, doch beide lagen falsch. Ich versuchte mit der Wahrheit den jahrelangen Krieg zwischen ihnen zu schlichten.
Plötzlich unterbrach ein Knacksen meine Gedanken. Ich drehte mich ruckartig um und musterte die Gegend mit zusammengekniffenen Augen. Ein stinknormaler Wald, in dem sich nichts regte und man nur mein hämmerndes Herz hörte. Hätte der nächtliche Himmel mehr geboten als nur den sichelförmigen Mond, hätte ich meinen Verfolger vielleicht gesehen, aber das tat ich nicht. So drehte ich mich einfach wieder um und ging weiter. 
Schließlich erreichte ich mein Ziel und schritt auf eine kleine moosbewachsene Hütte zu. Ich brauchte nicht zu klopfen, denn ich wurde schon erwartet. 
Ein großer, stämmiger Mann öffnete die Holztür. Ich kannte ihn schon lange. Er war älter als ich und aufgrund seiner Körperform nannte ich ihn seit meiner Kindheit Bär.
Ich blickte in sein bescheidenes Haus hinein. Das Auffälligste daran war die große Werkstatt, die bis zum Rand mit Hammer, Säge und anderen Werkzeugen voll war. Er arbeitete hauptsächlich als Tischler, war aber auch einer der verlässlichsten Postboten. Ich übergab ihm den Brief.
„Im März wird der Brief ihn erreichen“, hämmerte seine tiefe Stimme durch den Wald. Im März…. Im März würde sich alles ändern.
Sabine Wimmer, 2D